Juristische Konsequenzen sorgfaltswidriger Notrufabfragen wurden beim 12. Symposium Leitstelle aktuell in Bremerhaven am 20.05.2025 auch in einer Hauptverhandlung aufgearbeitet, die auf einem fiktiven, aber praxisrelevanten Fall basierte. Verfahrensgegenstand war die Abwicklung von zwei Notrufen. Beim ersten Notruf ließ sich der angeklagte Disponent von dem Anrufer, der ihm persönlich als ehrenamtlicher Rettungssanitäter bekannt war, im „blinden“ Vertrauen auf dessen Eigendiagnose „Interkostalneuralgie“ zu einer falschen, verzögerten Disposition von Rettungsmitteln verführen. 20 Minuten später, noch vor Eintreffen des beauftragten KTW, ging beim Angeklagten der weitere Notruf eines Nachbarn des Patienten ein, wonach dieser kollabiert sei. Der hierüber schockierte Angeklagte entsandte daraufhin zwar unverzüglich NEF, RTW und den bereits auf Anfahrt befindlichen KTW dringend zur Einsatzstelle, allerdings unterblieben weitere Befragungen und telefonische Anleitungen insbesondere zur erforderlichen Herzdruckmassage. Der Patient verstarb nach 50-minütiger frustraner Reanimation ausweislich der rechtsmedizinischen Untersuchungen an einem akuten Herzinfarkt. Die Anklage lautete auf fahrlässige Tötung. Nach einer eindrucksvollen Beweisaufnahme zog sich das Gericht – zwei aus dem Publikum rekrutierte Schöffen sowie der Vorsitzende Richter – zur Urteilsberatung zurück und sprach danach das oben genannte Urteil.